Vorgabe mehr als erfüllt: Nur noch 90,9 Gramm CO2

Versuchsfahrzeug unterschreitet schon jetzt EU-Grenzwert von 2020

13. Juli 2010

Geschafft. Ziel erreicht. Vorgabe erfüllt. Mehr als das: Das Projekt CO2-100minus war angetreten, die Marke von 100 Gramm CO2 pro Kilometer mit einem Ottomotor zu unterschreiten. Dass am Ende 90,9 Gramm Kohlendioxid im Prüfprotokoll stehen würde, hatte wohl keiner der Beteiligten anfangs zu hoffen gewagt. Entsprechend zufrieden waren die Mitglieder der Forschungsgruppe automotive powertrain der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes – die Professoren Dr. Thomas Heinze und Dr. Harald Altjohann, ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter und natürlich die Studenten – als sie jetzt der Öffentlichkeit in Saarbrücken die beinahe magische Zahl von 90,9 Gramm präsentierten. Mehr als eineinhalb Jahre harte Arbeit, unzählige, oft stunden- oder sogar tagelange Testreihen – sie haben sich gelohnt.

Daher ließ es sich der Rektor der HTW-Saarland, Prof. Dr. Wolfgang Cornetz, nicht nehmen, die Journalisten zahlreicher Fachmedien und regionaler Zeitungen und Zeitschriften sowie die Vertreter der Projektpartner im Hörsaal 8025 persönlich zur Ergebnispräsentation zu begrüßen. Keiner könne auf den Individualverkehr verzichten, stellte der Rektor fest. Entsprechend müsse weiter geforscht werden, um diesen Individualverkehr auch in Zukunft sicher zu stellen. Das Projekt CO2-100minus sei ein Beispiel dafür, wie die HTW ihre Studenten an die ihre künftigen Herausforderungen heranführt. Es sei gleichzeitig ein hervorragendes Beispiel für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Der Slogan «Es ist Dein Jahr 2020», mit dem die HTW für studentischen Nachwuchs wirbt, passe perfekt zum Ergebnis des Projektes CO2-100minus. 2020 – so die Intuition der Hochschulwerbung – werden die HTW-Studenten der kommenden Jahre nach ihrem Studium in maßgeblichen Positionen in Unternehmen tätig sein. Und eben für jenes Jahr 2020 hat die EU als Langzeitziel einen CO2-Grenzwert im Pkw von 95 Gramm pro Kilometer festgeschrieben. Dieser Wert wird schon jetzt von dem Versuchsfahrzeug Peugeot 107 des Projektes deutlich unterschritten.

Peter Hauptmann, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft des Saarlandes, forderte in einem Grußwort, dass das Saarland den Mut haben müsse, auf neue Technologien zu setzen. Aber die Politik könne das unternehmerische Risiko nicht ausschalten, sondern lediglich abfedern. Im ländlichen Raum werde man noch lange auf bekannte Antriebe setzen müssen. Das Elektroauto sei hier keine Alternative. Entsprechend spannend und anwendungsnah finde er daher die Forschungen des Projektes CO2-100minus. Es sei stets darauf zu achten, welche Signale der Markt sendet. Für das Saarland empfahl Hauptmann, die Innovationsstrategie neu zu definieren. Sie müsse sich auf das Ende der Wertschöpfung ausrichten statt wirtschaftlichen Erfolg zu ignorieren.

Obwohl Peugeot selbst keine Autogas-Fahrzeuge «ab Werk» anbietet, nannte Thomas F. Schalberger, Direktor für Marketing und Kommunikation bei Peugeot Deutschland, in einem weiteren Grußwort Flüssiggas eine echte Alternative. Daher sei es für sein Unternehmen eine große Freude, an dem Projekt CO2-100minus mitzuarbeiten. Im Projekt sei beispielhaft gezeigt worden, dass sich Autogas auch im Kleinwagen sehr gut umsetzen lasse. Elektrofahrzeuge und selbst Hybridautos seien «für Otto-Normalverbraucher viel zu teuer». «Die Kosten für einen Kleinwagen wie den Peugeot 107 mit Elektroantrieb liegen heute bei mindestens 40.000 Euro», erklärte Schalberger. Aber das HTW-Projekt habe gezeigt, dass heute vorhandene Technologien nicht am Ende seien. Daher wolle man sich Folgeprojekten nicht verschließen, signalisierte Der Peugeot- Marketing-Direktor. Heinze und Altjohann vernahmen's gerne.

Mit den Bedingungen für den Praxiserfolg alternativer Antriebe setzte sich der Vorstandsvorsitzende der Westfalen AG, Wolfgang Fritsch-Albert, auseinander (siehe eigenen Bericht). Auch er betonte zunächst, dass er stolz darauf sei, dass die Westfalen AG ihren Beitrag zu dem Projekt CO2-100minus leisten konnte. Unter allen alternativen Antrieben, so Fritsch-Albert, amortisiere sich Autogas am schnellsten – bei einem Oberklassemodell schon nach rund 28.000 Kilometer, in der Kompaktklasse nach 49.000 Kilometern. Damit sei es sogar dem Dieselmotor überlegen. Es werde meist vergessen, dass dieser auch 2.000 Euro teuer sei als ein Benziner und somit nur rund 500 Euro billiger als eine Autogas-Umrüstung. Beim Diesel sei man in der Oberklasse erst nach 43.000 Kilometern und in der Kompaktklasse nach 93.000 Kilometern gegenüber einem Benziner im grünen Bereich.

Prof. Heinze erläuterte – unterstützt von Jochen Diehl und Wolfram Kirsch – die zahlreichen Maßnahmen, die das Projekt CO2-100minus zum Erfolg geführt haben (siehe eigenen Bericht). «Das ist wirklich ein traumhafter Wert», freute sich der Professor sichtlich. Mit ihm halte man bereits jetzt souverän den als Langzeitziel für 2020 formulierten EU-Grenzwert für den Flottenverbrauch von 95 Gramm CO2-Emission pro Kilometer ein. Auch wenn 2014 der Grenzwert der Steuerfreiheit bei der deutschen KFZ-Steuer von jetzt 120 Gramm auf 95 Gramm gesenkt werde, habe das Versuchsfahrzeug diesen Wert bereits deutlich unterschritten. «Wir haben ein Fahrzeug, das auf Augenhöhe steht mit dem Toyota Prius», betonte Professor Heinze. Der Prius jedoch sei viel aufwändiger und damit auch teurer.

Bei den abschließenden Messungen waren Ingenieure der Sachverständigenorganisation KÜS beteiligt, die sich seit vielen Jahren als Projektpartner der HTW engagiert. Dipl.-Ing Elmar Bachmann erläuterte, dass er und seine Kollegen die fertig umgerüsteten Fahrzeuge bei den CO2-Messungen im Prüflabor der HTW Südwestfalen begleitet und die Richtlinien-Konformität der Prüfstandsmessungen beaufsichtigt hatten. «Damit können wir bestätigen, dass die hier präsentierten Ergebnisse des ermittelten CO2-Ausstoßes keine fiktiven Zahlen, sondern echte Werte sind, die nach definierten Methoden ermittelt wurden, so wie sie auch im Genehmigungsverfahren von Kraftfahrzeugen angewendet werden», erklärte Bachmann.

«Die positiven Ergebnisse des CO2-100minus-Projekts unterstreichen insbesondere vor dem Hintergrund der endlichen Reichweite fossiler Energieträger, dass die steuerliche Begünstigung von Autogas gerechtfertigt ist», stellte Prof. Heinze als Resümee fest. Derzeit betrage der Anteil von Autogas am Gesamtkraftstoffverbrauch in Deutschland etwa 0,5 Prozent. Bei Erdöl- und Erdgasförderung sowie Raffinerieprozessen seien mehr als 5 Prozent möglich. Heinze empfahl der Politik zur schnelleren Einführung der beschriebenen Autogastechnologie eine zusätzliche Einmalförderung. So werde in zum Beispiel in Frankreich ein Autogasfahrzeug mit 2000 Euro bezuschusst, wodurch sich eine LPG-Neuwagenquote von 5 Prozent ergeben habe.

Abschließend wagte Prof. Heinze einen kurzen Blick auf ein Folgeprojekt. Nachdem das Projekt v300plus gezeigt habe, dass mit Autogas hohe Leistungen und große Geschwindigkeiten möglich seien, habe das Projekt CO2-100minus die Nutzung der hohen Oktanzahl von Autogas zur Erreichung zukünftiger Emissionsgrenzen aufgezeigt. Mit dem Projekt S1000plus soll eine Distanz von mehr als 1.000 Kilometern mit LPG ohne Nachtanken zurückgelegt werden. Dabei werde mit der LPG-Direkteinspritzung die neuste Technologie im Autogas-Bereich zum Einsatz kommen.

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